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Die Krebspest im Aquarium?

Die gefürchtete Krebspest stammt ursprünglich aus Amerika. Sie wird durch einen Eipilz (Oomycet) hervorgerufen, auch Algenpilz genannt: Aphanomyces astaci. verursacht. Dieser Pilz hat sich verheerend auf die Bestände der europäischen Flusskrebse ausgewirkt, damit erklärt sich der Trivialname „Krebspest“ für diese Krankheit.

Krebse aus Nordamerika sind immun

Die Krebspest ist Krankheit, die alle Krebsarten aus der ganzen Welt befällt und für die meisten von ihnen einen tödlichen Ausgang hat - mit Ausnahme der Arten aus Nordamerika und Mittelamerika. Die amerikanischen Flusskrebse haben sich zusammen mit diesem Algenpilz entwickelt und konnten im Zuge dieser Entwicklung Abwehrreaktionen etablieren. Sie haben die Möglichkeit, den Erreger der Krebspest so in ihrem Körper zu isolieren, dass er keinen Schaden anrichten kann. Nur stark geschwächte Tiere, bei denen diese Immunreaktion nicht mehr funktioniert, können ebenfalls erkranken. Alle anderen Flusskrebsarten sind jedoch anfällig für die Krebspest. Einmal infiziert, verläuft die Krankheit unaufhaltsam und rasend schnell. Sie ist in allen Fällen tödlich, höllisch ansteckend und rottet ganze Populationen innerhalb von wenigen Tagen aus.

Wäre der einzellige Pilz nicht nach Europa eingeschleppt worden, wüsste man vermutlich nichts über ihn - in den Ursprungsgebieten ist er nicht auffällig, weil die amerikanischen Krebse Strategien zur Koexistenz entwickelt haben. In Amerika selbst ist die Krebspest auch heute noch kein Thema, weil sie die heimischen Populationen einfach gar nicht betrifft.

Eingeschleppt im 19. Jahrhundert

Der Erreger wurde höchstwahrscheinlich bereits Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts aus Nordamerika eingeschleppt. Damals wurden amerikanische Flusskrebse als Speisekrebse importiert und ausgesetzt. Diese Tiere waren als Speisekrebse attraktiver als die heimischen Arten, weil sie sich öfter vermehren und deshalb eine höhere "Ernte" versprechen. Die Krankheit trat zum ersten Mal in der Lombardei  in Norditalien auf. Ab 1860 findet man Berichte über das Massensterben von heimischen Flusskrebsen im Freiland in ganz Europa. Dieses Phänomen tritt bis in unsere Zeit hinein auf.

Woran erkennt man, dass ein Krebs die Krebspest hat?

Wenn ein Krebs beginnt, sich mit den Schreitbeinen nahezu unentwegt vor allem an den Augen, den Gließmaßen und an der Unterseite zu kratzen und wenn er seinen Fluchtreflex verliert, ist höchste Vorsicht geboten. Ein solcher Krebs muss augenblicklich aus der Gruppe genommen werden! Im weiteren Verlauf kann ein mit der Krebspest infiziertes Tier nach und nach seine Gliedmaßen verlieren (Autotomie). Es wird zunehmend unkoordinierter, zeigt Lähmungserscheinungen und kippt öfter um. Dieser Verlauf braucht nur Stunden bis wenige Tage. Kurz vor dem Tod sieht man die Eipilze als weißen Belag an den Augen und Scherengelenken. An diesen Stellen brechen sie bevorzugt aus dem sterbenden Wirt heraus, um sich ein neues Opfer zu suchen. Der Pilz kann keine Dauerstadien ausbilden.

Vermehrung durch aktiv schwimmende Sporen

Ohne Wirt kann Aphanomyces astaci aus diesem Grund nicht lange überleben, daher bildet der Erreger nach dem Ausbruch aus dem Wirt einen Sporenball aus, der Unmengen von Zoosporen produziert. Sie besitzen zwei Geißeln zur aktiven Fortbewegung im Wasser. Die Durchseuchung des Aquariums, Teichs oder Gewässers ist spätestens dann vollkommen. Der Infektionsdruck ist durch die enorm hohe Anzahl von Sporen, die der Krebspesterreger produziert, extrem hoch.

Diese Schwärmspore geht schwimmenderweise auf die Suche. Findet sie organisches Material, dockt sie an und bildet sich zu einer Zyste um. Dazu wirft sie ihre beiden Geißeln ab.

Infektion des Krebses

Ist sie auf einem Flusskrebs gelandet, so produziert die Zyste zunächst Enzyme, die den Panzer durchdringen, und bildet dann Hyphen aus, die in den Krebs hineinwachsen. Ein nordamerikanischer Flusskrebs kann dieses Mycel abkapseln und einschließen - so geschieht ihm nichts. Bei der nächsten Häutung oder bei Kämpfen können diese Abkapselungen aufreißen und neue Sporen werden freigesetzt. So wird ein infizierter amerikanischer Flusskrebs zu einer Erregerquelle, obwohl er selbst überhaupt keine Symptome der Krebspest zeigt und völlig gesund aussieht. Auch wenn der Krebs durch eine andere Ursache stirbt, sucht sich der Erreger der Krebspest neue Wirte.

Es ist nur mit einer Laboruntersuchung möglich, einen infizierten amerikanischen Krebs sicher zu identifizieren.
Ein Krebs aus Europa, Australien oder Asien hat diese Fähigkeit zur Abkapselung des Krebspesterregers nicht. Er wird von dem Pilz durchwuchert und stirbt. Es gibt mittlerweile ganz vereinzelt Populationen des Steinkrebses in der Natur in Österreich, die eventuell Resistenzen gegen den Algenpilz ausgebildet haben - das ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein, die allermeisten europäischen, australischen und asiatischen Flusskrebspopulationen haben der Krebspest nach wie vor nichts entgegenzusetzen.

Fehlwirte und die Auswirkungen auf die Spore

Landet die Zoospore allerdings nicht auf einem Flusskrebs, sondern auf anderem organischem Material, so muss sie die abgeworfenen Geißeln neu ausbilden und sich erneut auf die Suche machen. Das geht an ihre Substanz. Geißeln können nur 3-4 Mal neu ausgebildet werden, danach stirbt die Spore ab.

Quarantäne von vier Wochen

Für jeden Vorgang braucht die Spore ca. 5 Tage. Nach 20 Tagen sollte ein leeres Aquarium also sporenfrei sein. Wer ganz sicher gehen will, wartet vier Wochen ab, dann ist auch ein Aquarium, in dem zuvor amerikanische Flusskrebse gehalten wurden, frei von der Krebspest.

Übertragungswege der Krebspest

Leider wird der Erreger der Krebspest nicht ausschließlich durch Flusskrebse übertragen. Die Sporen bewegen sich im freien Wasser und sitzen auch auf organischem Material auf. Daher kann man sie auch mit anderen Lebewesen aus dem Wasser - Pflanzen, Schnecken, Fischen, Muscheln, Garnelen und so weiter übertragen sowie auch durch das Wasser selbst. Feuchte Netze und auch nasse Hände sind ein solcher Übertragungsweg.
Will man amerikanische Krebse und Krebse aus Asien, Australien oder Europa im Aquarium pflegen, so muss man daher sicherstellen, dass nichts zwischen den Aquarien hin und her getauscht wird (beziehungsweise dass eine vierwöchige Quarantäne eingehalten wird). Die Wasserkreisläufe müssen strikt getrennt sein. Am besten spendiert man jedem Aquarium seinen eigenen Kescher - das ist ohnehin sinnvoll, um auszuschließen, dass neben der Krebspest auch noch andere Erreger wie Bakterien oder Viren übertragen werden.

Maßnahmen bei der Haltung amerikanischer Flusskrebse

Um unsere letzten heimischen Populationen der Flusskrebse zu schützen, müssen wir ebenfalls Maßnahmen ergreifen, wenn wir amerikanische Flusskrebse halten wollen.  Sie dürfen auf gar keinen Fall ins Freiland ausgesetzt werden, auch im Gartenteich sollten sie nicht gehalten werden - Krebse wandern erstaunliche Strecken. Auch das Wasser aus einem Aquarium mit einem amerikanischen Flusskrebs darf nicht in natürliche Gewässer gelangen. Ganz gewissenhafte Halter verwenden es zum Blumengießen.

Mittlerweile gibt es Hinweise darauf, dass die Bestände von amerikanischen Flusskrebsen im Hobby nicht so stark durchseucht sind, wie es zu befürchten stand - allerdings ist dies kein Freifahrtschein für unvorsichtiges Verhalten. Nach wie vor gilt: Einen Krebspestträger kann man ohne Laboruntersuchung nicht erkennen, und die Krebspest - einmal ausgebrochen - wirkt sich auf heimische Flusskrebse wie auch auf die sehr beliebten Cherax aus Indonesien und Australien absolut katastrophal aus und ist immer tödlich. Also sollte man grundsätzlich die oben aufgeführten Vorsichtsmaßnahmen treffen, wenn man nicht einen amerikanischen Flusskrebs aus einer sicheren und zuverlässig negativ getesteten Quelle hat.

Tags: Krebspest

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  • Keine Amerikaner

    Vielen Dank für die Information, es waren einige interessante Dinge drin.
    Persönlich ist es mir leider unbegreiflich, weshalb man unbedingt mit dieseer Gefahr spielen muss.
    Gefahr für das eigene Aquarium und den Besatz und lettendlich für unsere Umwelt.

    VG
    OJ

  • Haltungsverbot

    Leider wurde vergessen zu erwähnen, dass gemäss der Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung das Halten, die Zucht und der Verkauf bzw. von folgenden Arten in der EU verboten ist (VERORDNUNG (EU) Nr. 1143/2014 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES, KAPITEL II, PRÄVENTION, Artikel 7):

    Eriocheir sinensis (Wollhandkrabbe), Orconectes limosus (Kamberkrebs ), Orconectes virilis (Viril-Flusskrebs), Pacifastacus leniusculus (Signalkrebs), Procambarus clarkii (Roter Amerikanischer Sumpfkrebs), Procambarus fallax f. virginalis (Marmorkrebs)

    Weitere Infos:
    http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32014R1143&from=EN -> Infos zu Haltungsverbot
    https://neobiota.bfn.de/unionsliste.html

  • Warum bietet ihr weiterhin Amerikanische Krebse an , obwohl ein Verkaufsverbot besteht?

    Warum bietet ihr weiterhin Amerikanische Krebse an , obwohl ein Verkaufsverbot besteht?

  • Antwort Guido Kinnigkeit

    Hallo Guido,
    Wir bieten ausschließlich Arten an die in Deutschland nicht verboten sind.

    Liebe Grüße,
    Farschad Farhadi

  • Toller Bericht

    Ich glaube die meisten Leute wissen das garnicht daher finde ich es sehr empfehlenswert diesen Artikel zu lesen. Das dieses Haltungsverbot mancher Arten nicht erwähnt wurde ist natürlich schade aber gibt keinen Sternabzug.

  • Prima Artikel, aber eine frage hätte ich.

    Hi
    angenommen ein CPO hätte die Krebspest gehabt und ist mittlerweile verstorben. wie lange muss ich warten bis ich in das Aquarium andere Krebse setzen kann.
    Das Aquarium ist in Betrieb, Aktuell sind da noch Garnelen drin. Daher kann ich das Aquarium nicht schliessen und sicherheitshalber desinfizieren.
    Ich glaube zwar nicht das meine CPO die Krebspest hatten, da ich die von Euch gekauft habe aber sicher wissen kann man das ja nicht.

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