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Die BD im Axolotlbecken

Damit ein Aquarium überhaupt funktionieren kann, ist es auf eine Vielzahl unterschiedlichster Bakterien und Mikroorganismen angewiesen, die unzählige wichtige Aufgaben übernehmen, die das kleine Biotop im biologischen Gleichgewicht halten. Dabei kommen im Wasser durchaus auch weniger nützliche Bakterien, Keime und Parasiten vor, aber nicht alle sind von großer Bedeutung oder werden auffällig- solange die Aquarienbewohner gesund und munter sind und auf die Aquarienhygiene ansonsten Wert gelegt wird. Denn dann tauchen einige Plagegeister gar nicht erst auf. Erhöhte Wachsamkeit ist grundsätzlich immer angebracht, vor allem aber, wenn etwas neues ins Aquarium gelangt- vom Futter bis hin zu Dekorationen, Pflanzen oder Tieren. Vor allem wenn die letzteren ein quietschlebendiges (und hoffentlich gesundes) Menü für die anderen darstellen sollen.

Was ist BD?

Der Tröpfchenpilz, der eine Chytridmykose im Aquarium auslöst, stammt vermutlich ursprünglich vom afrikanischen Kontinent und befällt vorwiegend Krallenfrösche. Auch in Australien wurde er schon nachgewiesen. Erste Infektionen in Europa wurden Ende der ´90er Jahre bestätigt, sodass die „europäische Variante“ quasi allgegenwärtig ist und die BD heutzutage geradezu wie ein Damoklesschwert über den Becken pendelt. Wurden die Vorfälle seinerzeit vorwiegend in der Terraristik nachgewiesen, hat sie sich doch mittlerweile erfolgreich auch ins Aquaterrarium „vorgearbeitet“ und sorgt vor allem bei Axolotl-Anhängern regelmäßig für Rhythmusstörungen.

Batrachochytrium dendrobatidis klingt geradezu unaussprechlich und wird in den Fach- und Liebhaberkreisen daher schlicht mit BD abgekürzt. Gemeint ist damit eine Infektionskrankheit, die vor allem Amphibien befällt und durch den sogenannten Chytridpilz ausgelöst wird. Nicht selten endet eine solche Erkrankung mit dem Tod der Tiere, weswegen nicht nur ein Erkennen erster Symptome lebensrettend sein kann- allerdings auch eine Kaskade von Desinfektionsmarathons in Gang setzt.

Genauso wie bei auch bei unseren vierbeinigen Haustieren sollte ebenfalls bei Amphibien und Reptilien eine entsprechende Dokumentation stattfinden. Zwar lassen sich diese Haustiere nicht prophylaktisch impfen, aber das regelmäßige Überprüfen des eigenen Bestandes mittels Abstrichen und Tests kann bereits schlimmeres verhindern. Vor allem, wenn Tiere abgegeben oder mit anderen vergesellschaftet werden sollen, kann der jährliche Check mittels PCR Test über ein Veterinär Labor lebensrettend sein. Auch wenn die europäische Variante des Tröpfchenpilzes derzeit als vorherrschend gilt, ist die afrikanische letaler. Es ist möglich, dass die europäische BD allgegenwärtig (im Aquarium) vorkommt, den Ausbruch der Krankheit allerdings erst durch bestimme Stressoren auslöst, stellenweise aber auch bei entsprechend stabilem Immunsystem der Tiere nicht zwingend zu einem Krankheitsausbruch mit potentieller Todesfolge führen muss.

Epidemiologische Ausmaße in der freien Natur, die einheimische Amphibienarten dahinrafft hat die BD bislang zwar nicht erreicht, von einem kurzfristigen regional begrenzten Populationssterben in Zentralspanien abgesehen, der Geburtshelferkröten und Feuersalamandern der Infektion erlagen.

Beispielhaft geht uns derzeit die Corona Krise voraus- weswegen sollte also die allgemeine Fürsorgepflicht zum Verhindern oder Eindämmen einer möglichen amphibischen Epidemie am Beckenrand Halt machen?

Was geschieht bei einer BD?

Die Erfahrung lehrt, dass ein angeschlagenes Immunsystem besonders anfällig ist und vor allem in Stresssituationen auf Keime anspricht. Und diese beginnen bereit bei verkehrten Wasserparametern über eine eher zaghafte Wasserhygiene bis hin zu anderen stressauslösenden Faktoren. Der Tröpfchenpilz weist im Vergleich zu anderen Erkrankungen allerdings eine erschreckend hohe „Trefferquote“ auf, denn er befällt stellenweise selbst offensichtlich gesunde Tiere. Eben dieses Phänomen erklärt die Dämonisierung der BD unter Lotl-Freunden.

Chytridpilze gibt es in über 3000 Varianten, die vorwiegend Parasiten von Algen oder Pflanzen sind und sich auf diese Weise in ein System eintragen lassen. Rein theoretisch können die Pilzsporen aber an so gut wie jedem Material haften und sind mehr oder weniger wassergebunden. Vor allem UV Strahlung und Trockenheit lassen sie absterben, einige Arten sind aber durchaus resistenter. Andere finden sich aber auch an Wirbellosen wie Schnecken und Muscheln oder gar Garnelen, denen der Pilz an sich nichts anhaben kann. Werden diese Tiere allerdings verfüttert, ist eine Übertragung sehr wohl möglich.


Die Zoosporen des Chytridpilzes sind beweglich und verbreiten sich über Haut- oder Wasserkontakt. Die infektiösen Zoosporen sind dabei dank Geißel frei beweglich und besitzen eine Größe von in etwa 3-5 μm. Mit bloßem Auge sind sie also nicht erkennbar. Sobald sie einen Wirt gefunden haben, bohren sie sich in dessen verhornte Keratinschicht, in der sie sich anschließend entwickeln und vermehren. Stellenweise finden sie sich auch in den Schleimhäuten wieder. Je nach Variante ist der Chytridpilz vor allem bei Temperaturen um die 4-28 °C äußerst vermehrungsfreudig, sein bevorzugter pH-Wert liegt zwischen 6-7- allesamt Werte, mit denen auch Aquarien gepflegt werden.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass deutsche Trinkwassersysteme nahezu nicht entkeimt werden. Die Vermehrung von Batrachochytrium dendrobatidis könnte in der Theorie daher selbst dort sowie in den Abwässern stattfinden. Würden Wechselwasser aus Amphibienaquarien vor dem Entsorgen aber auf zumindest 60 °C erhitzt werden, ließe sich eine aktive Prophylaxe betreiben, um die mögliche epidemiologische Relevanz zu drücken. Da diese Aquarien aber meist ein größeres Volumen aufweisen, ist das Verfahren in der Praxis jedoch nahezu nicht anwendbar. Eine Alternative könnte aber auch ein extremes Absenken des pH-Wertes darstellen, da die BD äußerst sensibel reagiert oder aber die Desinfektion mit Benzalkoniumchlorid. Dennoch sollten die weiteren Umwelteinflüsse durch solche Verfahren berücksichtigt werden.

Die klinischen Symptome einer Infizierung mit BD sind grundsätzlich eher speziell und können ihr daher oft nicht von Anfang an zugesagt werden, weswegen das Gespräch mit einem Terraristikexperten oder Tierarzt zu empfehlen ist. Infizierte Tiere weisen häufig Hautverfärbungen und Pigmentierungen auf, stellenweise auch starke Hautverhornungen, vorwiegend an Liegestellen. Meist verhalten sie sich zudem apathisch oder weisen Krämpfe auf, auch die Futteraufnahme wird oft verweigert. Nicht selten treten Sekundärinfektionen auf, die die BD erst begünstigt hat.

Wie wird eine BD behandelt?

Zeigen die Tiere erste Anzeichen einer Infektion ist zügiges Handeln geraten und nach Möglichkeit ein Tierarzt zu Rate zu ziehen, der den Tieren ein 10 – Minuten - Bad im Antimykotikum verordnet. Aber auch ein Lamisilbad oder in Chloramphenicol kann erste Hilfe leisten. Vor allem Itraconazol, in Wasser gelöst, ist äußerst erfolgsversprechend in der Behandlung betroffener Amphibien. Das Medikament stammt eigentlich aus der Humanmedizin und wird bei bestimmten Mykosen verwendet. Mittels Itrafungol, das üblicherweise gegen Hautpilze bei Katzen angewendet wird, lassen sich aber auch lebende Mollusken, Zwerggarnelen und Wasserpflanzen „entpilzen“.

Zudem sollte auch die übrige Aquarieneinrichtung gründlich desinfiziert und, soweit möglich, abgekocht werden, um einer erneuten Infektion vorzubeugen. Vorteilhaft ist es, das Becken neu aufzusetzen und vorher gründlich bis in die letzte Ecke zu desinfizieren. Auch die Filtermedien sollten nach der Desinfektion des Filters komplett ersetzt werden. Dazu eignet sich Alkohol oder Ethanol mit mindestens 70%. Damit sich die Pilzsporen aber auch nicht ungehindert in der Umwelt weiter verteilen, wäre es sinnvoll, das Aquarienwasser nicht einfach nur abzulassen, sondern vorher auf mindestens 60 Grad zu erhitzen und mit Benzalkoniumchlorid zu desinfizieren.

Nebst Technik und Aquarium sollten auch zuführende Kabel, Abdeckung und evtl. die Beleuchtung nicht ausgelassen werden. Am einfachsten ist es, Pflanzen und Bodengrund komplett zu ersetzen oder aber sehr gründlich bis in jede Ritze zu desinfizieren. Hierzu eignet sich Virkon S 1 %. Nach der Behandlung der Tiere sollte das Aquarium gut im Auge gehalten werden, da es eine neue Einlaufhase durchläuft, mit Bakterienpräparaten kann man diese Zeit aber gut unterstützen. Sinnvoll ist zudem die prophylaktische Verwendung huminsäurehaltiger Präparate wie Seemandelbaumblätter oder Erlenzapfen, aber auch flüssige Huminsäuren, um von einer antifungiziden Wirkung zu profitieren.

Kann man auf BD testen?

Möchte man neue Tiere einsetzen oder gar welche abgeben, ist es sinnvoll, auf BD zu testen. Dabei handelt es sich um einen spezifischen RealTime PCR Test, der mittels Tupferprobe vom Tier in einem veterinärmedizinischen Labor ausgewertet wird. In dieser Zeit sollte zumindest das neue Haustier prophylaktisch in Quarantäne gepflegt werden, ehe es vergesellschaftet wird. Es empfiehlt sich aber auch als umsichtiger Halter, seine Tiere einmal jährlich auf BD überprüfen zu lassen. Der PCR Test vergleicht außerdem die jeweilige Variante mit bereits bekannten. Auch im Falle eines unerklärlichen Versterben eines Tieres ist es sinnvoll, ein Profil der Amphibienhaut erstellen zu lassen, das entsprechend bakteriologisch oder mykologisch Aufschluss verschafft.

Prophylaxe ist die halbe Miete

Wie erwähnt ist es theoretisch sehr einfach möglich, einen BD Ausbruch im Aquarium zu begünstigen, vor allem, wenn in der Pflege des Amphibienbeckens grundlegende Punkte nicht berücksichtigt werden. Ein Quarantänebecken für Neuzugänge, amphibische oder wirbelloser Natur ist daher in jedem Fall ratsam. Wird das Becken mit Krallenfröschen, Axolotl oder anderen Tieren aufmerksam und mit Bedacht gepflegt, lassen sich Schreckgespenstern wie der BD aber gelassen entgegen blicken, vor allem, wenn das Backgroundwissen vorhanden ist, was im Falle des Falles zu tun ist.


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  • Huminsäure und Bakterienpräparate beim Axolotl ein noch go

    Euer Beitrag ist fachlich fundiert und gut geschrieben.
    Jedoch haben Huminsäuren (egal ob natürlich oder aus der Flasche) nichts im Axolotl-Becken zu suchen. Diese greifen die Hautbarriere der Tiere an und machensie so empfindlicher gegen Krankheiten. Daher bitte Finger weg von Seemandelbaumblatt, Erlenzapfen und so weiter.
    Ebenso von Bakterienstartern. Die darin enthaltenen Emulgatoren, Chelate usw. schaden dem Axolotl ebenfalls.

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