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Turmdeckelschnecken im Aquarium - Segen oder Fluch?

Früher wurden sie oft als Lästlinge verschrieen, aber die verschiedenen über Kiemen atmenden Turmdeckelschnecken (liebevoll als TDS abgekürzt) aus der Familie der Thiaridae sind in Wahrheit ausgesprochen nützliche Aquarienmitbewohner. Ihre hohen Vermehrungsraten haben sie in der Vergangenheit in Verruf gebracht, aber ihre Vorteile überwiegen bei weitem!

Eine auf den ersten Blick etwas steile These besagt, dass jedes Aquarium genau so viele Schnecken hat, wie es braucht. Was steckt dahinter, und was steckt hinter der — tatsächlich hin und wieder vorkommenden — Massenvermehrung bei den Turmdeckelschnecken?

Die klassischen Turmdeckelschnecken

Wir möchten hier speziell auf die die "klassischen" Turmdeckelschnecken wie Melanoides tuberculata, die Malaiische Turmdeckelschnecke, auch Nadel-Kronenschnecke genannt, wie Tarebia granifera, die Genoppte Turmdeckelschnecke oder Nöppi, wie die Schwarze Turmdeckelschnecke Melanoides maculata, aber auch die Spiky Turmdeckelschnecke Tarebia lineata eingehen. Alle diese Arten sind lebendgebärend, und darüber hinaus sind sie zur Jungfernzeugung fähig. Was bedeutet das? Jungfernzeugung heißt, dass die Schnecke in der Lage ist, sich selbst zu klonen. Im Hobby wurde bei den oben genannten klassischen Turmdeckelschnecken bisher noch kein einziges männliches Tier nachgewiesen. Alle diese Tiere sind weiblich, und sie alle pflanzen sich durch Klonung fort. Dadurch reicht natürlich eine einzige dieser Schnecken, um nach und nach das ganze Aquarium zu besiedeln.

Vermehrung der klassischen TDS

Bei einem reichlichen Futterangebot vermehren sich die omnivoren Turmdeckelschnecken ebenso wie viele andere Aquarienschnecken in der Tat sehr schnell und zahlreich. Aber das ist ja nun etwas, was jeder buchstäblich selbst in der Hand hat und was sich einfach regeln lässt. Die Zahl der Schnecken kann man durch sparsame Fütterung und eine gute Aquarienhygiene tatsächlich beeinflussen. Da diese Turmdeckelschnecken definitiv nicht an gesunde Pflanzen gehen und sich so heimlich eine üppige Nahrungsquelle erschließen, kann man die Futtergabe in der Tat sehr gut kontrollieren.

Ernährung und Lebensweise

Wie die meisten Wasserschnecken ernähren sich auch die klassischen Turmdeckelschnecken nicht nur von pflanzlichem Material, sie fressen auch Futter tierischen Ursprungs. Da die kleinen Nützlinge auf dem Boden liegenden Detritus, also Pflanzenreste, Futterreste, Aas und Mulm fressen, fungieren sie gleichzeitig als Gesundheitspolizei im Aquarium. Besonders wichtig ist die Zufuhr von Protein für die Ausbildung eines schönen Gehäuses — die farbige Schicht (das Periostracum) auf dem kalkigen Häuschen, die es vor Korrosion durch Säuren und vor Abrieb schützt, besteht aus einem sehr komplexen Eiweiß. Oft stellt man bei den im Boden lebenden Turmdeckelschnecken fest, dass die Spitze des Gehäuses weiß aussieht. Dieser älteste Teil des Häuschens ist besonders anfällig für Korrosion. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, weil die Schnecke die obersten Windungen ihres Gehäuses nicht mehr "bewohnt" und somit auch keine Schäden an ihren Weichteilen davontragen wird. Löcher im Gehäuse können Schnecken übrigens von innen reparieren, indem sie dort Kalk anlagern. Die Farbe kommt an diesen Stellen allerdings nicht wieder, das Periostracum kann nicht regeneriert werden.

Wasserwerte

Hinsichtlich der Wasserwerte sind Malaiische Turmdeckelschnecken, Genoppte Turmdeckelschnecken, Schwarze Turmdeckelschnecken und Spiky Turmdeckelschnecken recht unempfindlich. Sie bevorzugen einen pH-Wert von 6 bis 8,5, eine KH ab 3, eine GH bis 22 und Wassertemperaturen von 18 bis 33 °C. Die Malaiischen Turmdeckelschnecken lassen sich sogar in Brackwasseraquarien bei noch höheren Wasserhärten halten. Je höher der Salzgehalt, desto kleiner bleiben die Tiere. Wichtig ist jedoch der Mineralstoffgehalt des Wassers. Vor allem in Weichwasserbecken (aber nicht nur dort) fangen die Gehäuse irgendwann an, weiß zu werden — dann ist es Zeit für umfassendes Mulmsaugen. Danach wachsen die Gehäuse in der Regel wieder schön nach. Schuld an diesem Phänomen sind vermutlich anaerobe Prozesse im Boden, bei denen der Säuregehalt im Substrat ansteigt.

Nutzen - als Warner bei Problemen

Auffällig werden die eigentlich mehr oder weniger versteckt im Bodengrund lebenden Turmdeckelschnecken vor allem dann, wenn der Sauerstoffgehalt des Wassers sinkt oder der Nitritgehalt ansteigt — was beispielsweise abends nach Verlöschen des Lichts (harmlos) oder bei Problemen im Aquarium der Fall sein kann. Dann kann man eine wahre Völkerwanderung von Turmdeckelschnecken in Richtung Wasseroberfläche und damit in sauerstoffreichere Schichten beobachten — eine Tatsache, die so manchem Fisch, Krebs und auch so mancher Garnele bereits das Leben gerettet haben dürfte, wenn der Halter durch das Verhalten der TDS sehr frühzeitig auf ein Problem im Aquarium hingewiesen wurde und entsprechend handeln konnte.

Nutzen - als "Regenwürmer" des Aquariums

Die Tatsache, dass die Schnecken im Bodengrund leben, macht sie ganz besonders nützlich für das Ökosystem im Aquarium. Sie graben den Boden um und sorgen dafür, dass frisches, sauerstoffhaltiges Wasser an die Pflanzenwurzeln kommt. Durch ihre Grabetätigkeit verhindern sie die Bildung von Faulstellen und — ganz wichtig — von Faulgasen, die dem Besatz im Aquarium das Leben sehr schwer machen können. Leider gehen TDS nur bis maximal 4-5 cm tief in den Bodengrund hinein, tiefere Substratschichten arbeiten sie also nicht durch. Aber in den Schichten, in denen sie tätig sind, machen sie einen deutlichen Unterschied! Neben dem Durcharbeiten bringen sie auch ganz direkt über ihre Ausscheidungen Nährstoffe an die Pflanzenwurzeln.

Vergesellschaftung

Die Vergesellschaftung von Turmdeckelschnecken ist nicht kompliziert. Die Tiere haben neben ihrem sehr dicken und stabilen Gehäuse einen Deckel — das Operculum —, der die Gehäuseöffnung dicht abschließt und sie so vor äußeren Einflüssen schützt. Ihre Lebensweise im Boden schützt sie zudem ebenfalls vor Fressfeinden. Lediglich Raubschnecken können sich an den klassischen Turmdeckelschnecken vergreifen, selbst für die meisten Krebse sind die Schneckenhäuschen zu hart.



Die Arten:

Indische Turmdeckelschnecke - Melanoides tuberculata

Sie kommen in weiten Teilen der Welt vor, oft wurden sie eingeschleppt und haben sich aufgrund ihrer Robustheit in der Natur festgesetzt. Dabei bevorzugen die Tiere subtropische Klimazonen. Ursprünglich stammt diese Art aus Ostafrika bis Südostasien. Malaiische Turmdeckelschnecken zeichnen sich durch ein fein skulpturiertes Gehäuse aus, das an der Gehäuseöffnung kronenartige Zacken aufweist. Sie werden vom Gewebe des Mantels geformt und dienen vermutlich einer der Vergrößerung der Oberfläche geschuldeten verbesserten Aufnahme von diversen Stoffen aus dem Wasser. Der Körper der Nadel-Kronenschnecke ist dunkel, und die Tiere haben eine charakteristische "Schnauze". Wie bei allen Wasserschnecken sitzen die kleinen Augen am Fühlergrund. Die Gehäuse sind lang und relativ spitz. Sie können von hellbeige über rotbraun bis fast schwarz alle Braunschattierungen zeigen. Hellbeige Gehäuse haben oft dunklere kleine Punkte. Mit bis 3,5 cm Gehäuselänge kann die Malaiische TDS recht groß werden, vor allem die Varianten mit dunklerem Gehäuse bleiben allerdings oft deutlich kleiner.

 

Schwarze Turmdeckelschnecke — Melanoides maculata

Der Name sagt es bereits: Melanoides maculata hat ein sehr dunkel gefärbtes Gehäuse mit einer tollen Skulpturierung, die es ganz besonders macht. Ein bisschen sehen die schönen Tiere mit dem filigranen, schlanken Häuschen aus wie eine kleine Tylomelania. Das Häuschen kann 3-6 cm lang werden. Die Schwarze Turmdeckelschnecke hat einen dunkel pigmentierten Körper mit feinen hellen Punkten. Die Tiere kommen ursprünglich von den Philippinen. Sie sind im Hobby noch nicht so weit verbreitet wie die Malaiische Turmdeckelschnecke.

 

Spiky Turmdeckelschnecke - Tarebia lineata

Die schöne Spiky Turmdeckelschnecke aus Südostasien gibt es noch nicht sehr lange im Hobby, aberda sie ausdauernd und robust ist, hat sie sich schnell etabliert. Ihr Häuschen ist hellbeige bis olivefarben und hat eine feine spiralige durchgehende dunkle Linie von der Öffnung bis zur Spitze, die den Gehäusewindungen folgt. Die länglich ausgezogenen Noppen an den Umgängen des Häuschens haben ihr ihren Namen gegeben (spiky = stachelig). Der Körper dieser tollen Schnecke ist hell bis rötlich-grau. Mit bis 2,5 cm Gehäusehöhe bleibt sie etwas kleiner als andere Turmdeckelschnecken.

 

Genoppte Turmdeckelschnecke, Nöppi — Tarebia granifera

Die Genoppte Turmdeckelschnecke hat ein etwas kleineres und dickeres Gehäuse als die anderen TDS, das bis knapp 2 cm lang wird und an jedem Umgang die charakteristischen Noppen aufweist. Von der Farbe ist es hell bis dunkel rötlichbraun und hat oft ein dunkleres Punktmuster. Der Körper der Nöppi ist dunkelgrau bis schwarz. Von allen TDS vermehrt sich die Nöppi bei passenden Bedingungen mit am schnellsten und besten. Die Tiere kommen in der Natur im Indopazifik vor, haben sich aber mittlerweile dank ihrer Anpassungsfähigkeit und Robustheit fast überall in den Subtropen ausgebreitet.

 


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