Beitrag teilen:

Scheibenwürmer (Rhabdocoela)

Leider gibt es keine wirklich feste Definition für die Tiere, die man in der Aquaristik gerne "Scheibenwürmer" nennt. Theoretisch wäre hier jeder Wurm angesprochen, der über eine Aquarienscheibe kriecht ... in der Regel meint man hier aber eine ganz bestimmte Sorte Wurm. In nahezu jedem Aquarium leben diese kleinen harmlosen Würmchen, in Fischaquarien eher unerkannt im Filter und im Boden, in Garnelenaquarien kommen sie durchaus auch einmal aus ihren Verstecken heraus.

Sie werden sehr oft für Planarien gehalten, und entsprechend fällt in Facebook-Gruppen und in Foren oft die Reaktion aus - reine Panikmache ... lassen Sie sich davon nicht erschrecken, häufig handelt es sich bei den gesichteten Würmern nicht wirklich um schädliche Planarien!

Was ist ein Scheibenwurm?

Mit dem Namen "Scheibenwurm" werden in der Aquaristik im allgemeinen weißliche oder rötliche, mit ca. 2-5 mm eher klein bleibende Würmchen bezeichnet. Sie gehören zu den Rhabdocoela. Diese Würmer sind eine Untergruppe der Turbellarien, also der Strudelwürmer oder Plattwürmer, sie haben auch entsprechend eine sehr flache Körperform. Damit sind sie mit den "echten" Süßwasserplanarien, die in der Aquaristik einen denkbar schlechten Ruf genießen, entfernt verwandt - aber hier können wir gleich Entwarnung geben, sie sind für Garnelen und Krebse sowie für Fische (sogar für Fischlaich) nicht weiter gefährlich, im Gegensatz zu Planarien!
Scheibenwürmer sind als Strudelwürmer zwar grundsätzlich räuberisch, sie gehen aber nicht an größere Tiere wie Garnelen oder große Schnecken und schon gar nicht an Krebse. In der Regel fressen sie Kleinstlebewesen, hauptsächlich andere Würmer und Einzeller. Manche Arten gehen durchaus auch an frisch geschlüpfte Schnecken. Bei viel Futter im Aquarium vermehren sich Scheibenwürmer ausgesprochen stark.

Scheibenwürmer erkennen

Scheibenwürmer haben - anders als Egel - keine erkennbaren Segmente, und ihr Körper hat einen flachen, platten Querschnitt. Unter dem Mikroskop erkennt man bei manchen Arten ein winziges Augenpaar. Bei den hellen Scheibenwürmern, die in der Regel der Gattung Macrostomum angehören, kann man im Inneren die weiß gefärbten Organe, bei den rötlichen Scheibenwürmern aus der Gattung Bothromesostoma sieht man sie aufgrund der dunklen Färbung eher nicht.

Fortbewegungsweise

Scheibenwürmer kriechen auf einer Schleimschicht, sie bewegen sich dabei fließend (in etwa wie eine Schnecke) und nicht ruckartig. Bei Störung können sie sich kugelförmig zusammenziehen. Schwimmen können Scheibenwürmer nicht.

Unterschied zu Planarien

Scheibenwürmer ähneln Planarien schon ziemlich, sie gehören ja auch derselben Tierklasse an - den Strudelwürmern, Plattwürmern oder Turbellarien. Da sie jedoch für den Besatz im Aquarium in der Regel nicht bedenklich sind, sollte man hier schon sehr gut hinschauen und nicht sofort mit Panacur, Flubenol, No Planaria und Co. zuschlagen - diese Mittel helfen nämlich gegen die Rhabdocoelen erst in einer Dosierung, die auch alles andere im Aquarium tötet oder zumindest schwer schädigt.

Was haben Scheibenwürmer nicht? Scheibenwürmer haben keine gut sichtbaren Augenflecken - sie kann man erst unter dem Mikroskop erkennen. Scheibenwürmer haben auch keinen gut sichtbar abgesetzten Kopf - einige Arten laufen zwar vorne spitz zu, aber pfeilförmig sind sie definitiv nicht. Des weiteren haben Scheibenwürmer auch keinen sichtbar verästelten Darm, und ihr Schlund sitzt am Vorderende, nicht mittig bauchseits wie bei den "echten" Planarien.

Warum habe ich überhaupt Scheibenwürmer im Aquarium?

Häufig kauft man Rhabdocoela mit Pflanzen oder mit Tieren mit, gerne sitzen sie zum Beispiel in den beliebten Mooskugeln. Viele Arten von Scheibenwürmern können Cysten bilden, wenn sich die Bedingungen verschlechtern. In der Natur leben sie häufig in temporären Gewässern, die austrocknen, und sichern so ihr Überleben. Diese Cysten sind sehr leicht und können vom Wind davongetragen werden - es ist also gut möglich, dass Scheibenwürmer sogar in Aquarien auftauchen, die anfangs komplett steril waren und mit InVitro-Pflanzen eingerichtet wurden.

Vermehrung bei Scheibenwürmern

Anders als "echte" Planarien vermehren sich Scheibenwürmer nicht durch Teilung. Sie schnüren also keine Körperteile ab, sondern vermehren sich ausschließlich geschlechtlich. Die Würmer sind Zwitter und können sich gegenseitig befruchten. Die Eier reifen dann im Wurm heran, die Jungtiere schlüpfen im Körper des Elterntiers und kriechen dann nach draußen. Es dauert nur zwei Wochen, bis der Scheibenwurmnachwuchs seinerseits wieder geschlechtsreif ist, bei hohen Temperaturen braucht er nicht einmal so lang. Eine Massenvermehrung im Aquarium bei Futterüberangebot ist also innerhalb kürzester Zeit möglich!

Ist viel Futter vorhanden, so vermehren sich die Scheibenwürmer ausgesprochen gut. Bei wenig Futter geht die Population spürbar zurück. Vor allem in der Anfangsphase entdeckt man einige Scheibenwürmer im Aquarium - solange das System noch nicht stabil läuft, finden sie viel Futter. Später geht in moderat gefütterten Aquarien die Population wieder zurück. Vor allem die weißlichen Würmchen neigen bei viel Futter zu Massenvermehrung - die rötlichen (Bothromesostoma) sieht man deutlich seltener und sie vermehren sich offenbar im Aquarium auch nicht so stark wie andere Vertreter der Rhabdocoela.

Scheibenwürmer im Aquarium - besteht Handlungsbedarf?

Scheibenwürmer gehören zur als normal anzusehenden Begleitfauna im Aquarium. Sie richten - außer eventuell bei Jungschnecken - keinen Schaden beim Besatz an und müssen daher auch nicht unbedingt bekämpft werden. Im Gegenteil, Rhabdocoelen stellen ein sehr gutes Futter für Fische dar - noch ein Punkt zur Unterscheidung zu den "echten" Planarien. Diese werden nämlich nur in Ausnahmefällen gefressen, weil sie einen bitteren Schleim produzieren.

Scheibenwürmer reduzieren

Nun hat man jedoch am Anfang in der Euphorie doch deutlich zu viel gefüttert und jetzt sitzen die Scheiben voller kleiner weißer Würmchen ... was tun? Dass die gängigen Mittel gegen Planarien gegen Scheibenwürmer nicht wirken, haben wir ja bereits festgehalten.

Scheibenwürmer haben viele Fressfeinde - die meisten Fische fressen sie gerne. Bitte setzen Sie aber keinen Fisch speziell für diesen Zweck in Ihr Aquarium. Die Würmer sind schnell gefressen, der Fisch ist danach ja immer noch da und geht im Zweifel an andere kleine Lebewesen wie zum Beispiel Babygarnelen.

Grundsätzlich ist es eine gute Idee, im Aquarium angepasst zu füttern und nicht zu viel Futter ins System einzubringen - überschüssige Nährstoffe können von einer Bevölkerungsexplosion bei der Begleitfauna und bei den Schnecken bis hin zu Algenplagen viele Probleme im Aquarium verursachen. Reduziert man die Futtermenge, so wird auch die Zahl der Würmchen bald abnehmen. Grundsätzlich sollte nur so viel gefüttert werden, wie innerhalb einiger Minuten - nicht Stunden - von den Fischen und Wirbellosen im Aquarium aufgenommen werden kann. Eine Futterreduzierung hat hier mit Sicherheit die nachhaltigste Wirkung, auch wenn es eine Weile dauert, bis man weniger Würmchen findet - die Population braucht eine gewisse Zeit, sich an die neuen Bedingungen anzupassen.


Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

Ich habe die Datenschutzbestimmungen zur Kenntnis genommen.

Shopware Agentur  six-media.de